Von wahren Freunden, ersetzten Befriedigungen, extremer Kommunikation und inneren Partys


Ich hab mir oft Montagmorgen gewünscht, den rosa Plüscheinteiler mit Öhrchen an der Kapuze, welchen ich am Wochenende nur nachts abgelegt habe (und auch nur weil Einteiler im Bett im Schritt ganz schrecklich zwicken und außerdem fürchterlich warm sind) einfach wieder anziehen zu können. Einteiler sind Menschenkostüme. Sie machen dich zu dem, was du wirklich bist. In meinem Fall ein rosa getupfter Leopard. Außerdem umschmeicheln sie Fressbäuche. Einteiler sind echte Freunde. Und in Zeiten wie diesen sind sie für uns da. Sie sind die, die uns noch ungestraft umarmen dürfen. Tag für Tag. Nicht mehr nur am Wochenende. Und so sitze ich an einem Mittwochvormittag im Einteiler am Küchentisch und schreibe einen Newsblog für die Dildomanufaktur, der kleine Müller malt am anderen Ende des Tisches Sachsens Landkreise in verschiedenen Farben aus und der große Müller hockt im Büro nebenan am PC und schreibt eine Einleitung zur Erörtung „Ist ein Selbststudium sinnvoll?“ (Vorab meine Meinung dazu: Nein, in seinem Fall nicht).

Eigentlich sollte ich gerade Schüler mit Lernschwierigkeiten hospitieren, Eltern zu Bildungswegen beraten, beziehungsweise meiner Klasse die zehnerüberschreitende Subtraktion im Zahlenraum bis 100 schmackhaft machen. Ach ja, und einen Tourenplan erstellen. Für unseren Osterkurzurlaub im süditalienischen Monopoli. Am Arsch. Huch, hab ich das laut geschrieben?

Ich bin Optimistin und sehe das Ganze als Ressource. Zumindest meistens. Ich hab zum Beispiel den Weihnachtsstern an der Küchendecke seit 5 Jahren zum ersten Mal entstaubt und nach über dreißig Jahren endlich Hula Hoop gelernt – gut. Nur hab ich‘s übertrieben und mich nicht an die Empfehlungen des Herstellers dieses mit bösartigen Noppen ausgestatteten Foltergeräts gehalten und nun einen Gürtel aus blauen Flecken in allen Schattierungen um die Taille – nicht gut. Uneingeschränkt gut sind die ausgedehnten Spaziergänge mit der Familie. Da hat man Zeit zum Reden. „Männer bekommen eine Erektion wenn sie Lust auf Sex haben, aber was passiert eigentlich bei Frauen?“ fragt der fast 14jährige Müller mitten hinein ins unschuldige Mischwaldvogelfrühlingsgezwitscher. „Frauen werden feucht.“ ist meine Antwort. Herr Müller schaut mich mit einer Mischung aus Erstaunen, Belustigung und Scham von der Seite an. Ich schließe eine Erklärung an, warum sich beide Reaktionen bei Mann und Frau gut ergänzen und sich die Natur das schon ganz pfiffig überlegt hat. Der kleine Müller spielt inzwischen Zapfenweitwurf. Familienkommunikation Ironman-Style. Weil man aber nicht jeden Tag wie ein Ironman kommunizieren kann, gibt’s seit 6.März den Aufklärungsfilm „Get Lucky – Sex verändert alles“ auf DVD. Warum ich das hier schreibe? Erstens weil SelfDelve die Dreharbeiten mit Sachspenden unterstützt hat. Zweitens weil Sexologin Ann Marlene Henning die Macher beim Dreh beraten hat. Drittens weil der Film wunderbar humorvoll, nie kindisch oder obszön, dafür aber sehr zeitgemäß ist. Und weil man viertens nicht ständig einen auf Ironman machen sollte (das zeigt meine blauschattierte Taille gerade recht deutlich), sondern manches auch mal Experten überlassen darf. Ich werde vermutlich den Herrn Müller und seinen Erstgeborenen mal für den Film alleine lassen und inzwischen ganz ohne Leistungsgedanken mit dem Mini ein paar Zapfen werfen.

Wenn diese verrückte Zeit endlich vorbei ist und wir alle hoffentlich auf irgendeine Art gewachsen sind (geistig meine ich), nehmen wir uns vielleicht genauso viel Zeit für Qualitytime. Die sollte auch übrig sein, denn dann müsste ja alles geputzt, renoviert, ausgemistet und neu sortiert sein. Dann wäre zum Beispiel Zeit für einen Museumsbesuch. Das Hygienemuseum in Dresden – im Moment geschlossen, wie alle anderen Museen auch – wird seine Ausstellung nämlich mit SelfDelve-Toys bereichern. Da darf Anja zu Recht stolz sein. Der Bereich „Sexualitäten“ in der Dauerausstellung „Abenteuer Mensch“ soll unter anderem damit dem aktuellen Diskurs zu Vielfalt und Selbstbestimmung angepasst werden. Find ich dufte. In Dresden wollte ich übrigens kommendes Wochenende auch mal wieder sein. Nix war’s. Jetzt bin ich eben im Wald. Was ich eigentlich sagen wollte: ich steh total auf regional. Umso fetziger finde ich, dass ein so traditionsreiches und überregional bekanntes Museum mit der örtlichen Dildomanufaktur Hand in Hand geht. So muss das.

Lauf nicht fort - kauf im Ort. Davon bin ich ein großer Fan. F** dich, großes A. Bücher bestellt man im Buchladen, bei den netten Damen mit den Feinstrickpullis. Durch die Schließung der Wochenmärkte muss ich einen üblen Rückschlag einstecken. Die Müllerkinder spekulieren nun auf weniger Gemüse zu den Hauptmahlzeiten. Aber nicht mit der Müllerin. Ich hab den Folterreifen überlebt, da schaff ich auch die Obst- und Gemüseabteilung im Supermarkt. Shopping ist ja schon so eine kleine Ersatzbefriedigung für fehlende Sozialkontakte im Moment. Wenn schon niemand zu Besuch kommt, dann kommen wenigstens nette Päckchen ins Haus. Wenn nette Päckchen von SelfDelve kommen, dann dürfte auf die Ersatzbefriedigung direkt echte Befriedigung folgen. Doppelt gut. Um Shoppinggelüste anzuregen, gibt es aktuell zauberhafte Unikate in frühlingsfrischen Farben im Shop. Wer zuerst kommt, kommt zuerst, lautet die Devise. Höhöhö. Genauso kribbelbunt wie die Unikate ist der „Spaß mit Flaggen“-Dildo Gay, über den es bei 69desirs von Mogwai eine sehr zufriedene – oder schreibt man da befriedigte – Rezension gibt, die auf den ein oder anderen Interessenten möglicherweise äußerst shoppinganregend wirken könnte. Außerdem wisst ihr ja, Ostern steht vor der Tür. Ich spare mir an dieser Stelle zweideutige Witze über bemalte Eier oder die Eierkratzerinnen der Oberlausitz. Kunsthandwerk und Individualität sind aber die Stichworte. Eine Kundin hat kürzlich bei SelfDelve eine MANN-schette mit Batman-Logo für ihren Superhelden bestellt. Superkraft: Thermopigmente. Noch ist Zeit für individuelle Geschenke aus dem Hause Selfdelve – ihr wisst schon: wer zuerst kommt… . Superhelden gibt es viele und Männerinteressen sind so vielfältig wie Automarken und Fußballclubs. Okay, der war jetzt flach. Sorry.

So still wie es aktuell im Außen ist, so laut ist es bei manchen Menschen im Innen. Bei Anja ist es zum Beispiel im Moment sehr laut. Es jubiliert im Herzen mit Pauken und Trompeten, schreit Dankeschön in die Welt hinaus. Danke und Bitte. Danke an alle, die Selfdelve beim Werden und Wachsen helfen und geholfen haben – Kunden, Mitarbeiter, Unterstützer. Bitte ans Universum, weiter auf diesem fantastischen Weg voran schreiten zu dürfen. Ein kleines großes inneres Fest anlässlich des 14jährigen Bestehens der wunderbaren Manufaktur von SelfDelve.

Ich werd jetzt mit den dafür eigentlich schon fast zu großen Müllerkindern diesen Regenbogen fürs Fenster malen, von dem jetzt alle Mütter schreiben. Möglicherweise öffne ich zum Spicken die Artikelbeschreibung des Gay-Dildos. Und vielleicht, aber auch nur vielleicht artet diese unschuldige Freizeitbeschäftigung im engsten Familienkreis dann wieder in kommunikativen Extremsport aus. Andererseits hatte ich heute schon kommunikativen Extremsport beim Schreiben dieses Beitrags. Die Fähigkeit mich kurzzufassen rangiert bei mir nur knapp vor Ausdauer und Kraft. Level sehr sehr low. Und zu was extremer Sport führt, sieht man derzeit an meiner geschundenen Körpermitte.

In diesem Sinne: bleibt gesund, vernünftig und lüstern
Eure Müllerin

PS: Dieser Text ist ganz ohne das C-Wort ausgekommen.