Geduldsspiele: Jahreszeitenstriptease, vegane Autos und (un)mögliche Digitalisierung


Fühlt sich das nur für mich so an oder hat der Frühling in diesem Jahr besonders lange auf sich warten lassen? Ich kann das schlecht einschätzen, ich halte mich von Natur aus für einen eher ungeduldigen Menschen – zumindest im Privatleben.

Vielleicht ist Geduld aber auch ein endliches Gut, welches durch meine Arbeit einfach überdurchschnittlich schnell aufgebraucht wird. Andersrum ist es auch ein guilty pleasure für mich, die Geduld meiner Liebsten zu strapazieren. Geduld und Ungeduld im richtigen Kontext ist ja eigentlich auch irgendwie sexy, finde ich. Striptease zum Beispiel hat ja total viel mit Geduld zu tun. Der Frühling allerdings hat sich für mein Geduldsempfinden allerdings ein bisschen zu viel Zeit für seinen Strip gelassen. Man stelle sich vor, Dita öffnet ihr Korsett, zwirbelt kurz mit den NippelPasties, die Musik geht aus, sie macht es wieder zu, wirft sich den (Kunst)pelzmantel über, sammelt ihre überlangen Handschuhe vom Bühnenboden, wirft dem Publikum einen Luftkuss zu und verschwindet, nur um 10 Minuten später dem total verdutzten Publikum eine einzelne Pobacke durch den Vorhang zu präsentieren. Und so geht das die ganze Burlesque-Show über weiter, linke Pobacke, rechte Pobacke, ein lasziv gestecktes bestrumpftes Damenbein. Und in den zehn Minuten dazwischen kommt Peter Zwegat und gibt Tipps für die nächste Steuererklärung. Frühling 2023.

Irgendwann will man eben doch mal die ganze Pracht bewundern – und kommt mir nicht mit „Das was man nicht sieht, macht doch gerade den Reiz aus“ und „Das Schönste passiert nur im Kopf“. Nehmt es mir nicht übel, aber „Fantasie-Krokusse“ dort wo gerade noch braun-grauer Schneematsch liegt, wärmen mir nicht das Herz beim Terrassenkaffee. Im März-Schneesturm brauch ich `ne Winterjacke und keine warmen Gedanken. So einfach und unschön ist das. Aber wie gesagt – vielleicht empfinde ja auch ich das nur so.

In Dresden jedenfalls scheint der Frühling längst eingezogen zu sein. Zumindest sind Gefühle dieser Art bei Anja und ihrem Team erwacht die dazu geführt haben, das einige Toys regelrecht vom Frühling geküsst wurden. Die Sonderedition in pastelligen Farben und zauberhaften Schimmer dank Perlglanzpigmenten wirkt um ein vielfaches frühlingshafter als mein Vorgarten. Wie auch immer – ob nun „spielzeuggewordene Glückshormone“ oder „bunt-glänzende Protestaktion nach zu zögerlichem Jahreszeitenstriptease“ – Shopping macht glücklich, auch wenn sich die Sonne im nächsten Schneesturm versteckt. Schaut mal rein.

Es gibt übrigens noch ne tolle Erneuerung im SelfDelve-Shop. Anja kann nun dank der Wiener Manufaktur penumbra und ihrer österreichischen Inhaberin Lena Spreizhofer ihre Knebelbälle samt Band auch als vegane Variante anbieten. Die Lösung heißt Apfelleder und ist erstaunlich weich und robust. Mich freut das ganz besonders – obwohl ich trotz kleiner und größerer Ausflüge in die schaurig-schöne Szene rund um die Knebelbälle feststellen musste, dass ich wohl niemals Fan dieser Teile werde. Ist aber auch nicht schlimm – findet jeder seins, sagt man hier.

Ich erkläre euch den Grund aber mit einer kleinen Anekdote: vor gar nicht allzu langer Zeit stand die Müllerin kurz vor dem Erwerb eines neuen Autos. Aus Gründen, auf die ich hier nicht näher eingehen möchte, sollte es ein vollelektrischer, kleiner Neuwagen sein – nach Möglichkeit VEGAN. Wenn ihr mal was erleben wollt, dann marschiert doch mal als mitteljunge Frau in Provinz-Autohäuser und fragt männliche grauhaarige Endfünfziger mit Cordhose und Bauchansatz direkt nach dem Guten Tag nach einem veganen E-Auto. Das ist lustig (guilty pleasure). Aber auch ein bisschen frustrierend. Man kommt schließlich ums Selbstrecherchieren nicht drum herum. Auch nicht um Kompromisse – aber das nur am Rande. Bei meiner Recherche bin ich auf einen Autohersteller gestoßen, der Apfelleder für seine Lenkräder (an denen es übrigens bei den meisten als „vegan“ bezeichneten Mittelklassewägen scheitert) benutzt und damit zu diesem Zeitpunkt das einzige wirklich vegane und als solches zertifizierte Auto am Markt hatte. Mittlerweile gibt’s wohl mehr und auch andere Alternativen. Ja, ich bin mir meines Einflusses aufs Marktgeschehen durchaus bewusst...

Wenn er dann einmal da ist, dann animiert uns der Frühling ja oft auch dazu, Dinge zu erneuern beziehungsweise zu verändern – es ist die beste Zeit für Anfänge. Mit jedem Anfang endet aber auch irgendwas und bei Anja endet in diesen Tagen endlich der Papierkrieg zwischen Manufaktur und Buchhaltung. Digitalisierung at it’s best – oder wie es auf der Karte an der Tür unseres Lehrerklos steht: Alle sagten „Das geht nicht!“ und dann kam einer, der hat’s einfach gemacht. Für Anja war das eine Herzensangelegenheit, für die sich jeder Aufwand gelohnt hat. Für andere ist’s ein Punkt im Wahlprogramm irgendwo zwischen Drohung und Utopie.

Für mich endet jetzt der Blogartikel und ein hoffentlich weiterhin schneefreier Frühlingssonntag beginnt. Ich freu mich auf die splitterfasernackte Frühlings-Dita, geh‘ mit gutem Beispiel voran und werf‘ mir schon mal lasziv die Winterjacke ab. Sollte Peter Zwegat sich doch nochmal sehen lassen, fahr‘ ich ihn einfach mit meinem veganen Auto um. Geduld ist schließlich endlich.

In diesem Sinne,

Eure Müllerin